Für Mediziner*innen und Pflegekräfte ist der Umgang mit Sterben, Tod und Trauer vertraut, und trotzdem ist die Begleitung eines sterbenden Menschen und seiner Angehörigen individuell und immer wieder anders. Trotz aller „Routine“ kann die Begegnung mit unbekannten Verhaltensformen oder religiösen Vorstellungen im Umgang mit dem Tod Verunsicherung oder Befremden auslösen und Angst schüren, in der Begleitung etwas „falsch zu machen“. Auf der anderen Seite lässt pflegerisches Handeln, begrenzt durch Qualitätsstandards und evidenzbasierte Medizin, wenig Spielraum für die Auseinandersetzung mit dem vermeintlich Fremden. Unsicherheit und fehlende Kenntnisse führen dann häufig zu stereotypem Verhalten, was wiederum die Zusammenarbeit und Kommunikation zwischen Patient*in, Angehörigen und Pflegepersonal beeinträchtigt.
Bestattungsrituale dienen dazu, den verstorbenen Menschen aus der Welt der Lebenden in die jenseitige Welt zu geleiten. Sie sind schon immer einem Wandel unterworfen gewesen. In unserer individualisierten Gesellschaft ist der Tod aus der öffentlichen Wahrnehmung weitestgehend ausgeschlossen. Menschen sterben oft dem Blick von außen entzogen in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen. Danach werden sie zur Überführung einem ausgewählten Bestatter übergeben. Früher praktizierte Rituale des Abschiednehmens, z.B. die Totenfürsorge durch die nahen Angehörigen oder die Totenwache werden kaum noch ausgeübt. Auch Beisetzungszeremonien sind nicht mehr selbstverständlich an die Kirche gebunden, sondern zunehmend individualisiert und pluralisiert. Der Tod eines Menschen wird für die trauernden Angehörigen oft als Verlust seiner Individualität gesehen. Beisetzungen sind in enger Abstimmung mit den Angehörigen auf die Persönlichkeit und das Leben eines Verstorbenen ausgerichtet und werden meistens von den jeweiligen Bestattungsunternehmen vor Ort umgesetzt. Dabei wird der Pfarrer immer öfter durch einen nichtkirchlichen Ritualgestalter ersetzt.
Der Blick in andere Gesellschaften weltweit zeigt wiederum große Unterschiede in der Art der Bestattungskultur. Die jeweiligen Bilder zu Tod und Jenseitsvorstellungen sind mannigfaltig und eingebettet in die soziale Struktur einer Gemeinschaft. Oft sind sie nur in diesem Zusammenhang verstehbar. Von außen betrachtet lösen sie nicht selten Befremden bei Abweichungen von den eigenen vertrauten Formen aus.